Der Herzinfarkt bei Frauen: Todesursache Nummer eins – Die Symptome sind atypisch

In der Bundesrepublik erleiden jährlich mehr als eine halbe Million Menschen einen Herzinfarkt, und das, obwohl ein gesundes Herz bei der überwiegenden Mehrheit der Bundesbürger einen hohen Stellenwert hat.

Und noch etwas fällt auf: Frauen gehören immer häufiger zu den Opfern von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Herzinfarkt wird allgemein als Hochrisiko bei Männern angesehen, dass er aber bei Frauen Todesursache Nummer eins ist, wird allzu leicht vergessen. „Mittlerweile sterben in Deutschland weit mehr Frauen an einem Herzinfarkt als an Brustkrebs“, betont Oberarzt Dr. Andreas Michael. Den Grund dafür sieht er in den eher untypischen Anzeichen des weiblichen Herzinfarktes. Nach einer Umfrage unter Frauen zwischen 45 und 75 Jahren betrachten über 60 Prozent den Herzinfarkt als typisch männliches Problem.

Ihre eigene Gefährdung schätzen sie hingegen als gering ein. Die meisten der Befragten gehen davon aus, dass sie die gleichen oder sogar bessere Chancen haben, einen Infarkt zu überstehen. Der Hauptgrund liegt oft in einer falschen Erstbehandlung, da viele Betroffene, Angehörige und auch Mediziner die vorhandenen Symptome fehl deuten. „Die spezifischen Vorboten des weiblichen Infarktes sind zu wenig bekannt“, so unser Herzspezialist.

Andere Vorzeichen als beim Mann

Eine Aussage, die von zahlreichen Studien bestätigt wird. Danach nennt eine Mehrheit der befragten Frauen Engegefühl in der Brust und ausstrahlende Schmerzen in den linken Arm als die typischen Beschwerden für den Herzinfarkt. Dr. Michael weiß allerdings, dass gerade bei Frauen derartige Symptome selten sind. „In der Regel verspüren Frauen meist keine eindeutigen Anzeichen.

Sie sind eher öfters kurzatmig, ungewöhnlich müde, fühlen sich schwach und unwohl, klagen über Übelkeit und Erbrechen sowie Schmerzen im Rückenbereich. Auch anhaltende Schlafstörungen können im Vorfeld auftreten. Die Symptome sind fast immer atypisch und werden häufig mit anderen Erkrankungen verwechselt. Das sei die eigentliche Hauptgefahr des von Medizinern als „Eva-In-farkt“ bezeichneten weiblichen Herzinfarkts. Mit gravierenden Folgen, denn eine Fehlinterpretation hat für die betroffenen Frauen fatale Konsequenzen, wie der Kardiologe aus Erfahrung weiß: „Der Notarzt wird schlicht zu spät gerufen.

Der Zeit-Faktor

Dadurch geht notwendige Behandlungszeit verloren. Zeit, die über Leben und Tod entscheidet. Nur wenn wir schnell eingreifen können, beispielsweise mit Gerinsel auflösenden Medikamenten oder einer Stent-Intervention, kann wertvolles Muskelgewebe gerettet werden.“ Da aber bei nahezu jeder zweiten Frau atypische Beschwerden auftreten, erhalten sie zu spät die lebensrettenden Maßnahmen – der eigentliche Grund, warum mehr als die Hälfte der Frauen ihren ersten Infarkt nicht überleben. Um die Gefahr, die von einer Herz-Kreislauf-Erkrankung ausgeht, wissen lediglich zwei Prozent der Frauen. „Alle haben Angst vor Brustkrebs, doch die Hälfte der Infarktpatientinnen stirbt, noch bevor ein Arzt gerufen wird.“

Risiken

Ein extrem hohes Risiko gehen Frauen mit Diabetes ein. Verglichen mit an „Zucker“ erkrankten Männern steigt das Herzinfarkt- oder Schlaganfallrisiko um das Dreifache. Vor allem betroffen sind Frauen über 50. Bei ihnen ist die Mortalität besonders hoch. Dennoch kümmern sich nur wenige um eine aktive Vorsorge und Vorbeugung. Medizinische Untersuchungen zeigen, dass viele ein erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen aufweisen, insbesondere wegen Bluthochdrucks oder zu hohen Cholesterinwerten.

Gleichzeitig werden die daraus entstehenden Risiken unterschätzt und der Wille den Lebensstil zu ändern, ist wenig ausgeprägt. Zeitmangel lautet die häufigste Begründung, und so spielt eine herzgesunde Lebensweise mit einer ausgewogenen Ernährung, völligem auch verzicht und viel Bewegung nur eine untergeordnete Rolle. „Das Herz-Kreislauf-System braucht aber seinen Reiz, der über das Alltägliche hinausgeht. Am besten täglich einmal oder doch wenigstens jeden zweiten Tag“, meint Michael.

Die Rolle der Hormone

Dass Frauen seltener am Herzen erkranken als Männer, stimmt nur insofern, als dass sie durch das Östrogen bis zur Menopause weitgehend geschützt sind. Doch danach ziehen sie mit den Männern gleich. Einer der Gründe dafür ist die LDL-Cholesterinspiegel senkende und die Herzrhythmusstörung hemmende Wirkung des Östrogens. Eine generelle Empfehlung für Hormongaben nach der Menopause könne dennoch nicht gegeben werden, so Dr. Michael. „Dazu ist das dabei auftretende Thromboserisiko einfach zu groß.“ Zudem erhöhe sich die Gefahr von Brustkrebs, Gerinnungsstörungen und Lebererkrankungen. „Wer allerdings bereits eine Hormonersatztherapie macht und diese gut verträgt, sollte sie fortsetzen.“

Obwohl mittlerweile 93 Prozent aller Patientinnen um die tückische Gefahr eines Herzinfarktes wissen, warten die meisten bis zu sechs Stunden, bevor der Notarzt gerufen wird. Ein tödlicher Leichtsinn. Frauen alarmieren bei Verdacht auf Herzinfarkt den Notarzt sogar im Schnitt um 40 Minuten später als Männer. „Sofort den Notarzt rufen! Nur so ist die Überlebenschance gewährleistet“, rät Dr. Michael. Wenn es dennoch passiert, gilt es für die Zeit nach dem Infarkt, die Lebensgeister wieder zu wecken. Doch wesentlich ratsamer sei es, bereits vor einer Herz-Kreislauf-Erkrankung Lebensstil und Lebensgewohnheiten zu überdenken. „Am besten erst gar nicht so weit kommen lassen, sondern sofort auf ein herzgesundes Leben umsteigen.“