Herzinfarkt – Was tun? Ursache, Symptome und wie Sie schnell & richtig handeln

Pro Jahr erleiden in Deutschland rund 300.000 Menschen einen Herzinfarkt und etwa 190.000 davon sterben noch vor der Einlieferung in ein Krankenhaus oder kurz nach dem Einliefern in einer Klinik. Der Herzinfarkt ist in den Industrieländern mit einer Epidemie zu vergleichen. Jeder 2. Bundesbürger stirbt an einer Krankheit des Herzkreislaufsystems. Damit sind diese Erkrankungen die häufigste Todesursache der Deutschen, sie fordern doppelt so viele Todesopfer wie alle Krebsleiden zusammen.

Ursachen & Auslöser

Ein Herzinfarkt muß nicht als Schicksalsschlag aus heiterem Himmel hingenommen werden, er ist vielmehr der dramatische Endpunkt eines langen Krankheitsprozesses, der Gefäßverhärtung und Gefäßverengung (Arteriosklerose) der Herzkranzarterien.

Ein Herzinfarkt tritt ein, sobald sich eine Engstelle in einem Herzkranzgefäß durch die Auflagerung eines Blutgerinnsels verschließt, so dass der dahinter liegende Abschnitt des Herzmuskels nicht mehr durchblutet wird und zugrunde zu gehen droht. Den betreffenden Herzmuskelzellen fehlt dann der lebensnotwendige Sauerstoff. Wenn der Verschluß nicht in den ersten Stunden nach dem Infarkt aufgelöst wird, sterben diese Zellen ab und es bildet sich ein Narbengewebe. Der durch einen Infarkt ausgelöste Schaden bzw. Sauerstoffmangel ist insbesondere dann bedrohlich, wenn es zu schweren Störungen des Herzrhythmus, z.B. Kammerflimmern kommt.

Der Verschluß einer Herzkranzarterie tritt zwar aus Sicht des Betroffenen meist ganz plötzlich ein, er hat aber im Normalfall eine längere Vorgeschichte. In der Regel hat der Patient bereits über einige Jahre mit einer Reihe von Risikofaktoren gelebt, die im Laufe der Zeit die Gefäße so verändert haben, daß es zu Ablagerungen, Verhärtungen und schließlich zu Verengungen der Herzkranzarterien gekommen ist. Dieser Prozeß kann lange Zeit unbemerkt vor sich gehen. Erst wenn die Verengung mehr als 70% des Gefäßdurchmessers ausmacht, reicht die Durchblutung nicht mehr aus. Die dann nicht mehr ausreichende Zufuhr von sauerstoffreichem Blut zum Herzmuskel führt zu Symptomen, die sehr unterschiedlich sein können.

Signale und Symptome

Verschiedene typische Anzeichen einer Unterdurchblutung des Herzmuskels sind bekannt. Dazu gehören Druck und beklemmender Schmerz in der Brustmitte, auch wenn dies nicht besonders deutlich oder anhaltend verspürt wird. Die Schmerzen können in Hals, Kiefer, linke Schulter, linken Arm, Rücken oder Oberbauch ausstrahlen. Leider sind die Beschwerden nicht immer so, daß man ihre Ursache am Herzen sucht. Weil die Schmerzen in Unterkiefer oder Zähne ausstrahlen, glaubt man an Zahnweh. Bei Schmerzen, die hauptsächlich in der Schulter oder im links Arm verspürt werden, denkt man oft an Wirbelsäulen-, Gelenkprobleme oder Rheuma. Die Beschwerden im Oberbauch werden als Magenverstimmung fehl gedeutet und mit Hausmitteln behandelt.

Der beklemmende Druckschmerz im Brustkorb wird von den Patienten oft auch als ein Engegefühl oder Brennen beschrieben, was mit einer Angst einhergeht. In der Regel treten die Beschwerden bei körperlicher Belastung auf und lassen einige Minuten nach der Belastung wieder nach. Gelegentlich lassen sich die Beschwerden auch durch Kältereize provozieren. Treten die Beschwerden schon bei geringer Belastung oder bereits in Ruhe auf (z.B. nachts), sind sie deutlich stärker oder anhaltend als sonst, kann dies ein Hinweis auf Zunahme der Unterdurchblutung am Herzen sein. Aber auch ein Leistungsknick oder Luftnot kann Ausdruck einer schweren Durchblutungsstörung am Herzen sein.

Erstmals wurde der Beschwerdekomplex vor über 200 Jahren von dem englischen Arzt Sir Heberden mit dem Begriff „Angina pectoris“ beschrieben, was übersetzt einfach „Enge im Brustkorb“ heißt. Im Gegensatz zu Sir Heberden kennen wir inzwischen die Ursache der Angina pectoris-Beschwerden und wir können bei entsprechender Behandlung sogar das Herzinfarktrisiko verringern.

Bei Auftreten von Beschwerden wie den oben beschriebenen, sollte der Arzt unverzüglich konsultiert werden, da es Warnsignale für eine Unterdurchblutung am Herzen sein könnten. Bei Männern steigt das Risiko eines Herzinfarktes ab dem 40. Lebensjahr deutlich an. Bei Frauen treten diese Ereignisse durchschnittlich 10 Jahre später auf. Bei ausgeprägten Risikofaktoren wie z.B. einer schweren angeborenen Fettstoffwechselstörung können Angina pectoris und Herzinfarkt allerdings auch schon bei deutlich jüngeren Menschen auftreten. Deshalb sollten alle Patienten ab dem 35. Lebensjahr ihren Anspruch auf einen alle 2 Jahre durchzuführenden Gesundheits-Check zur Früherkennung von Herzkreislauferkrankungen nutzen.

Die Risikofaktoren

Insbesondere Patienten mit sogenannten Risikofaktoren sollten bei Vorliegen der oben genannten Symptome einen Arzt aufsuchen. Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen:

  • Familiäre Belastung für Herzkreislauferkrankungen, d.h. wenn also bei Vater, Mutter oder Geschwistern bereits ein Herzinfarkt, ein Schlaganfall oder eine Durchblutungsstörung der Beine vorliegt.
  • Rauchen ist ein wichtiger Risikofaktor. Wird das Rauchen aufgegeben, reduziert sich die Gefährdung wieder.
  • Ein erhöhter Cholesterin-Spiegel im Blut ist ein weiterer Risikofaktor. Eine gewisse Menge Cholesterin braucht der Körper, aber zuviel davon beschleunigt die Arteriosklerose der Gefäße.
  • Der erhöhte Blutdruck ist ein anderer Risikofaktor. Die besondere Tücke dabei ist, daß man häufig gar nicht merkt, wenn der Blutdruck zu hoch ist. Ein langjähriger hoher Blutdruck ist schädlich für die Gefäßwände der Arterien und beschleunigt wie die anderen Risikofaktoren die Arteriosklerose.
  • Die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) ist eine typische Zivilisationskrankheit. Sie geht auch mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Durchblutungsstörungen der Beine einher.
    Zeit ist „Herzmuskel“

Der Herzinfarkt ist bei vielen Betroffenen von einem länger als 10 Minuten anhaltenden starken Beklemmungs- oder Druckschmerz im Brustkorb gekennzeichnet, meistens noch einhergehend mit kaltem Schweiß, Übelkeit, Erbrechen, Todesangst und Vernichtungsgefühl. Auch wenn diese Symptome nicht eindeutig sind, ist höchste Alarmstufe geboten, es sollte sofort ein Notarzt/Rettungsdienst gerufen werden. Heute weiss man, dass schon 3 Stunden nach einem kompletten Verschluß eines Herzkranzgefäßes rund 60% des betroffenen Herzmuskelareals rettungslos verloren sind. Die ganz einfache Devise beim Herzinfarkt lautet: Zeit ist Herzmuskel. Je zeitiger ein Patient in die Klinik kommt und kompetente Versorgung bekommt, desto mehr Herzmuskelgewebe kann noch vor dem Absterben gerettet werden.

Bei den genannten Symptomen für einen akuten Herzinfarkt sollte man sofort die Telefon Nummer 112 oder die örtliche Notrufnummer anrufen.

Behandlung

Das primäre Ziel der Herzinfarkttherapie ist die schnellstmögliche Beseitigung des Verschlusses des Herzkranzgefäßes. Dafür gibt es zum einen die sogenannte Lysetherapie mit der Möglichkeit, das Blutgerinnsel in der Arterie wieder aufzulösen. Dies gelingt im Durchschnitt nur bei rund 50% der mit der Lysetherapie behandelten Patienten. Ferner kann nicht bei allen Betroffenen eine solche Blutgerinnsel auflösende Behandlung durchgeführt werden.

Der bislang letzte wesentliche Fortschritt bei der Therapie des frischen Herzinfarktes ist die sofortige mechanische Wiedereröffnung des Infarktgefäßes durch eine Ballondehnung des Gefäßes in einem Herzkatheterlabor. Sogar unter Notfallbedingungen, wenn die Lysetherapie nicht wirken sollte, kann mit einem solchen Eingriff das Gefäß in über 90% der Fälle wiedereröffnet werden. Bei diesem Verfahren wird ein wenige Millimeter dünner Schlauch (Katheter) von der Leiste oder der Ellenbeuge aus ins Herz geschoben, bis an die Stelle, wo das Gefäß verschlossen ist.

An der Spitze des Katheters befindet sich ein winziger Draht mit einem Ballon, der mit hohem Druck (6-20 atü) aufgeblasen werden kann. Durch diesen Eingriff wird sowohl das Blutgerinnsel mechanisch beseitigt als auch die Verengung im Gefäß deutlich aufgedehnt.

In vielen Fällen wird zur Stabilisierung des Gefäßes eine kleine Gefäß-Stütze aus Metall (Stent) eingesetzt. Damit verringert sich die Gefahr, daß sich das Gefäß erneut verschließt.

Rund um die Uhr Rufbereitschaft

Nur in wenigen spezialisierten Zentren, seit Juni 1999 auch im Ostalb-Klinikum Aalen, wird eine solche Notfall-Ballondehnung der Herzkranzarterien entweder als sofortige alleinige Therapie des Herzinfarktes oder im Gefolge einer erfolglosen Blutgerinnsel auflösenden Lysebehandlung im 24-Stunden-Service angeboten. Es setzt dies das Vorhandensein eines Herzkatheterlabors und die ständige Bereitschaft eines hoch spezialisierten Teams voraus.

Durch eine so optimal durchgeführte, zeitgerechte Behandlung des Infarktes kann die Sterblichkeit des akuten Herzinfarktes und der Gesamtschaden für den Herzmuskel deutlich verringert werden. Nach der Entlassung aus der Klinik ist die Nachsorge und Kontrolle durch den weiter betreuenden Arzt sowie die Kooperation der Klinikärzte mit dem Hausarzt von ganz großer Wichtigkeit, um ein Voranschreiten der Gefäßerkrankung bzw. einen erneuten Infarkt durch entsprechende Medikamente und Minimierung der Risikofaktoren zu verhindern.

Obwohl der akute Herzinfarkt sicher noch lange Zeit ein Alptraum in der westlichen Zivilisation bleiben wird, konnte die Medizin in vielen Fällen dazu beitragen, dass betroffene Patienten nach überstandenem Infarkt in der Regel keine größeren Leistungseinschränkungen verspüren und ein normales Alltagsleben, jetzt aber mit geändertem Lebensstil, führen können.