Kopfschmerzen & Migräne: Arten, Ursachen & Therapie

Kopfschmerzen sind nicht gleich Kopfschmerzen. Mal ist es „nur“ ein unangenehmer Druck, mal ein heftiges Hämmern oder donnerndes Dröhnen, mal glaubt man, den Kopf in einem Schraubstock zu haben. Je präziser Sie die Art Ihrer Kopfschmerzen – und auch deren mögliche Herkunft oder Begleiterscheinungen – beschreiben können, desto leichter machen Sie es dem Arzt, die richtige Diagnose zu stellen!

Klassifizierung

Im Auftrag der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (IHS) haben sich in den 80er Jahren die besten Kopfschmerzexperten der Welt gemeinsam den Kopf darüber zerbrochen, wie man das „subjektive Gefühlserlebnis“ Kopfschmerzen objektivierbar machen könne. Nach vierjähriger Arbeit legten diese Experten 1988 zwei für die Kopfschmerzforschung, aber auch für den Arzt bedeutsame Ergebnisse auf den Tisch: Erstens ermittelten sie anhand bestimmter Charakteristika, daß es 165 unterschiedliche Kopfschmerzarten gibt. Und zweitens einigten sie sich auf eine einheitliche Klassifikation aller dieser Kopfschmerzarten. Sie gilt seitdem weltweit. In dieser Klassifikation werden alle Kopfschmerzarten zwei großen Gruppen zugeordnet:

Primäre Kopfschmerzen

sind die Kopfschmerzen gemeint, die keine andere Krankheit als Ursache haben. Mit anderen Worten: Sie sind die eigentliche (primäre) Erkrankung selbst. Deshalb müssen sie auch direkt behandelt werden. Die Haupttypen: Migräne, Kopfschmerzen vom Spannungstyp, Clusterkopfschmerzen.

Sekundäre oder symptomatische Kopfschmerzen

sind Kopfschmerzen, die nicht „von selbst“ entstehen, sondern durch eine andere Krankheit ausgelöst werden. Ein Beispiel: Wenn Sie sich heftig den Kopf stoßen, müssen Sie mit mit Kopfschmerzen rechnen. Dass Ihnen der Schädel brummt, sieht der Arzt als sekundäre Folge oder als Symptom Ihrer Kopfverletzung an. Kommen weitere Symptome wie etwa Übelkeit oder Erbrechen dazu, wird er in der Regel eine Gehirnerschütterung diagnostizieren.

Migräne

Häufigste Nervenerkrankung weltweit

Für Außenstehende ist das Leiden eines Migränepatienten nur schwer nachvollziehbar. Klarer wird es aber, wenn man sich vor Augen führt, welche drastischen Maßnahmen früher angewendet wurden. Im Mittelalter wurde beispielsweise der Schädel bei vollem Bewusstsein aufgemeißelt. Dadurch, so glaubten die Medizinmänner, könnten die krankheitsverursachenden Dämonen entweichen. Die Therapien gegen das Gewitter im Kopf haben sich zum Glück geändert.

Hammer im Kopf

Im Mittelpunkt der Migräne steht der Kopfschmerz, ein zermürbendes Pochen und Hämmern. Zusätzlich ringen die Betroffenen mit heftiger Übelkeit und reagieren hochempfindlich auf Licht, Geräusche und Gerüche, manche erleiden sogar vorübergehende Lähmungen. Solch ein Migräneanfall kostet Nerven und Zeit. Durchschnittlich ist ein Migräniker drei Tage im Monat durch seine Erkrankung außer Gefecht gesetzt. Auf zehn Jahre hochgerechnet ist das fast ein ganzes Jahr.

Weltweite Nervenerkrankung

Migräne ist eine Nervenerkrankung. Neurologen zählen sie zu den „primären Kopfschmerzsyndromen“. Das bedeutet, dass eine Funktionsstörung im Gehirn vorliegt und nicht eine andere Erkrankung (Hirnhautentzündung, Hirntumor) für die Beschwerden verantwortlich ist. Auch der Spannungs- und Clusterkopfschmerz gehören in diese Kategorie.Migräne ist die häufigste Nervenerkrankung. Mindestens sechs Prozent der Männer und zwölf Prozent der Frauen seien betroffen, schätzt die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). In Deutschland sind das also mehr als acht Millionen Menschen. Auch vier Prozent der Kinder und Jugendlichen leiden an Migräne, bei älteren Menschen tritt sie dagegen deutlich seltener auf.

Folgen für Mensch und Wirtschaft

Häufigkeit und Schwere der Migräneattacken sind von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Manche werden wenige Male jährlich von der Erkrankung heimgesucht, andere erwischt es zweimal pro Woche. Durchschnittlich ist ein Migränepatient drei Tage im Monat durch seine Krankheit außer Gefecht gesetzt. Die Schäden für die Wirtschaft sind enorm. Statistiker rechnen mit 650.000 verlorenen Arbeitstagen im Jahr und daraus entstehenden Kosten von mehr als 15 Milliarden Euro.Auch für den Einzelnen kann die Erkrankung extreme Ausmaße annehmen. Schwere Migräne ist in Deutschland eine anerkannte Behinderung, im schlimmsten Fall steht sie auf der gleichen Stufe wie eine Querschnittslähmung.

Linderung möglich

Dabei gibt es heute wirksame Methoden, um das Inferno im Kopf zu besänftigen: Mit Medikamenten, Entspannungsübungen und einem geregelten Lebensstil lässt sich die Migräne in den Griff kriegen. Seine Schädeldecke muss heute niemand mehr opfern.

Kopfschmerzen im Kindesalter: Frühe Warnsignale beachten

Mehr als ein Drittel aller Teenager leiden in Deutschland unter wiederkehrenden Kopfschmerzen. Dies belegt die erste große epidemiologische Kopfschmerz-Studie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG), die in der aktuellen Ausgabe der internationalen Fachzeitschrift „Cephalalgia“ publiziert wurde. „Wiederkehrende Kopfschmerzen im Jugendalter sind ein Risikofaktor für chronische Kopfschmerzen im Erwachsenenalter“, warnen die Autoren der Studie.

Kopfschmerzen sind nicht nur bei Erwachsenen, sondern bereits bei Teenagern an der Tagesordnung. Das bestätigt eine breit angelegte Studie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft aus Westpommern, die nun in der Fachzeitschrift „Cephalalgia“ publiziert wurde. Die Hälfte der Westpommerschen Haupt- Real-, Privatschulen und Gymnasien nahmen an der im Schuljahr 2003/2004 durchgeführten Schülerbefragung teil, über 3.000 Schülerinnen und Schüler füllten die Fragebögen aus.

Mädchen haben häufiger Kopfschmerzen

Sieben von zehn Teenagern gaben an, innerhalb der letzten drei Monate mindestens einmal Kopfschmerzen gehabt zu haben. Bei den Mädchen waren es 78,9 Prozent, bei den Buben 59,5 Prozent. Besonders deutlich ist der Geschlechtsunterschied bei wiederkehrenden Kopfschmerzen. Diese gaben 48 Prozent der 12- bis 15-jährigen Mädchen und 26,5 Prozent der gleichaltrigen Jungen an. Damit sind Mädchen doppelt so häufig betroffen wie ihre männlichen Altersgenossen.

Bei den Mädchen steigt die Häufigkeit von wiederkehrenden Kopfschmerzen mit dem Alter deutlich von 42,8 Prozent mit 12 Jahren auf 53,6 Prozent mit 15 Jahren an, bei den Jungen hingegen ist der Anstieg statistisch nicht signifikant. „Woran das liegt, wissen wir im Moment noch nicht genau „, räumen die Autoren der Studie ein. Die mit dem Eintritt in die Pubertät verbundenen hormonellen Veränderungen könnten – vor allem bei Migräne – eine Rolle spielen.

Migräne betrifft Mädchen noch stärker

Noch deutlicher als beim Spannungskopfschmerz ist der Geschlechterunterschied bei Migräne. Diese spielt bei Jugendlichen vor allem dann eine Rolle, wenn man die strengen Kriterien der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (IHS) an die veränderten Verhältnisse bei Teenagern adaptiert, d. h. wenn man eine Kopfschmerzdauer bereits ab 30 Minuten statt erst ab vier Stunden in die Kategorie „Migräne“ aufnimmt. Bei dieser Definition leiden 12 von hundert 15-jährigen Mädchen unter Migräne, aber nur vier Jungen.

Mehr Bildung, mehr Kopfschmerz

Jugendliche, die höhere Schulen besuchen, leiden häufiger unter Kopfschmerzen als Hauptschüler. 17,6 Prozent der männlichen Hauptschulabsolventen und 28 Prozent der Gymnasiasten beschrieben Kopfschmerz während der vorausgegangenen drei Monate. Bei den Mädchen waren es 38,8 und vergleichsweise 51,1 Prozent. „Der Zusammenhang zwischen Kopfschmerz und sozialer Herkunft wird allerdings kontrovers diskutiert“, kommentieren die Autoren der Studie.

Die wachsenden Kopfschmerzen seien wohl eher die Folge der Mehrbelastung durch Schulstunden und Hausaufgaben.

Tagebuch führen

Um die therapeutischen Schritte in die richtige Richtung zu lenken, ist das Führen eines Kopfschmerztagebuches ein wichtiges Instrument. Wissenschaftliche Beobachtungen zeigen, dass während der protokollierten Zeit die Häufigkeit der Beschwerden sinkt. „Zwar finden viele Jugendliche das nervig, aber nur das Tagebuch gibt ihnen wirklich einen Überblick über die Ursachen ihrer Kopfschmerzen“, weiß Dr. Astrid Gendolla von der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen. Der Knackpunkt, so die Neurologin, liege gerade bei Jugendlichen im Verstehen der auslösenden Mechanismen.

Entspannung ist „uncool“

Aus ihrer Erfahrung mit Jugendlichen kennt Gendolla das ärztliche Dilemma: man möchte eine unnötige Medikation vermeiden, doch „die Jugendlichen wollen kein Entspannungstraining.“ Die Essener Kopfschmerzspezialistin empfiehlt als Alternative einen „edukativen Ansatz“: wenn Jugendliche verstehen, was ihren Kopfschmerz verursacht, können sie auslösende Mechanismen, wie beispielsweise Alkoholkonsum oder Schlafentzug, meiden. Beeinträchtigt gelegentlicher Kopfschmerz den Alltag, könne dieser mit Paracetamol oder Ibuprofen, im Fall von Migräne mit Sumatriptan Nasenspray bekämpft werden.

Kopfschmerz-Tipps: 18 Wege aus dem Schmerz

Es muss nicht gleich eine mörderische Migräne sein. Auch leichtes Schädelbrummen kann einem den Tag vermiesen. Aber das lässt sich verhindern.

Ein dumpfer Druck hinter den Augen, rhythmisches Pochen in der Schläfe oder ein leichtes Hämmern unter der Schädeldecke – es gibt kaum jemanden, den noch nie Kopfschmerzen geplagt haben. Manche Betroffenen greifen dann sofort zur Tablette, andere harren tapfer aus, bis der Schmerz von allein vergeht.

  1. Wasserversorgung: Trinken Sie viel!
  2. Blutzuckerspiegel: Essen Sie regelmäßig!
  3. Ernährung: Meiden Sie bestimmte Lebensmittel!
  4. Bewegung: Setzen Sie auf Sport!
  5. Sonnenschutz: Bleiben Sie nicht in der Sonne!
  6. StressAbbau: Lernen Sie Relax-Techniken!
  7. Kältereiz: Legen Sie Kühl-Pads auf!
  8. Erwärmung: Entspannen Sie mit heißer Luft!
  9. Frischluft: Tanken Sie Sauerstoff!
  10. Koffein: Legen Sie eine Kaffeepause ein!
  11. Vollbad: Gleiten Sie in die Badewanne!
  12. Fingerdruck: Massieren Sie die Schläfen!
  13. Aromatherapie: Tupfen Sie Minzöl auf!
  14. Aspirin & Co.: Werfen Sie eine Schmerztablette ein!
  15. Heilkräuter: Greifen Sie zur Pflanzenmedizin!
  16. Kieferorthopädie: Gehen Sie zum Zahnarzt!
  17. Chiropraktik: Lassen Sie sich einrenken!
  18. MigräneTipp: Machen Sie den Migräne-Test!

Die zurzeit wirksamsten Migräne-Medikamente, die Triptane, helfen am besten, wenn man sie gleich zu Beginn einer Attacke nimmt. Da Migräne-Patienten aber manchmal auch ganz „normale“ Kopfschmerzen bekommen, ist es wichtig, den Unterschied frühzeitig zu erkennen. Dafür gibt es einen verblüffend einfachen Test: Kopf hängen lassen und schütteln. Wenn der Schmerz dabei stärker wird, handelt es sich um eine Migräne. Denn nur sie verschlimmert sich durch Bewegung.